Videoinstallation

Spectatorship

Die Videoinstallation Spectatorship - Synchronous Idle thematisiert das wechselnde Rollenverständnis betrachtender Personen. Auf einem alten Fernseher werden Videos von Kindern gezeigt, die scheinbar emotionslos ins "Leere" schauen. Diese Kinder wurden beim Fernsehen (von Kinderprogrammen) gefilmt. Auf dem Fernseher ist wiederum eine Kamera installiert, deren Signal in einen anderen Raum übertragen wird. Somit wird der Betrachter auch gleichfalls selbst "betrachtet".

Interpretation

Die Betrachterperspektive fungiert als Voraussetzung für die Konstruktion des "Anderen" innerhalb unseres kulturellen Systems.

Der Diskurs des Spectatorship1 allgemein kennzeichnet den Blick als Wunsch und impliziert eine Spaltung in "begehrende Subjekte einerseits und begehrte Objekte andererseits". Diese Trennung wird zunehmend überwunden durch die "Überschreitung der sich immer mehr verwischenden Grenzen zwischen exklusiver Objektbeschaffenheit und kohärenter Subjektbeschaffenheit".

Das "Sehen" und "Gesehen werden" bekommt eine besondere Rolle in den "Begehrerstrukturen" des "Spectatorship - Synchronous Idle"2 zugewiesen, da das Objekt sowohl als Objekt, wie auch als Subjekt oder auch als beides zugleich fungieren kann. Der Betrachtende oder die Betrachtende sind Teil des Ganzen ohne dies selbst bestimmen zu können. Die laut Platon "göttliche Eigenschaft des Menschen", das Betrachten des Betrachtenden wird in das Betrachten des Betrachtenden, der den Betrachtenden betrachtet usw. ad absurdum geführt. Das Betrachten des bzw. der Betrachtenden ist ein Wechselspiel der Blickkonstellationen und Projektionsverhältnisse. Mit dem Blick auf den Bildschirm wird das "Subjekt" synchron geschaltet, transformiert in ein zu begehrendes "Objekt".

"Spectatorship- Synchronous Idle" ist der Versuch die Grenzen des dualistischen Bewusstseins von entweder handelnder bzw. wahrnehmender Wirklichkeit einerseits (Subjekt) und behandelte bzw. wahrgenommene Wirklichkeit andererseits (Objekt) zu verwischen.

"Wir haben nur dann Gewissheit wirklich gesehen zu werden, wenn sich tatsächlich eine Kamera auf uns richtet." 3

1) Ursula Frohne: video cult/ures-multimediale Installationen der 90er Jahre; 1999, Museum für Neue Kunst ZKM Karlsruhe: "In Ermangelung eines zutreffenden deutschen Ausdrucks, der dem semantischen Gehalt der anglo-amerikanischen Bezeichnung "Spectatorship" entsprechen würde, verwende ich diesen Begriff analog zu Irit Rogoffs Auslegung des Ausdrucks, der im Rahmen ihrer Diskussion von "Spectatorship und Differenz" das Bedeutungsfeld zwischen "Zuschauerschaft", "Beobachterhaltung", "Blickkultur" kennzeichnet. vgl. Irit Rogoff, "Die Anderen der Anderen", in: "Interventionen".

2) SYN-Synchronous Idle: Dies ist ein Steuerzeichen (engl.: control character) das beim Drucken oder bei Computern bestimmte Aktionen auslöst, jedoch kein sichtbar typographisches Zeichen (Glyphe) kodiert.

3) Roland Barthes, Die helle Kammer, Bemerkungen zur Fotografie, Frankfurt/M. 1989, S. 21

Kontakt

dipol - visuelles spannungsfeld ist ein Künstlerduo bestehend aus Kati und Jens Bruder. Sie arbeiten im Spannungsfeld aus Konzeptkunst, Medienkunst, Installation und Fotografie.

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